Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Bauern nicht Eigentümer
ihrer Höfe. Sie hatten nur das Nutzungsrecht, und Eigentümer war ein
Grundherr. Damals gab es zwei verschiedene Bevölkerungsschichten:
Grundherren und Grundholden, Freie und Unfreie. Viele ursprünglich
freie Bauern unterstellten sich freiwillig einem Grundherrn, weil sie
sich damit vom Wehrdienst befreien konnten. Die Epoche, in der es
diese beiden Bevölkerungsschichten gab, nennt man Feudalzeit. Sie
hatte ein volles Jahrtausend Bestand.
Der
Grundherr der Thundorfer Bauern war das Salzburger Domkapitel.
Darunter versteht man eine geistliche Körperschaft. Sie besteht aus
einer Gemeinschaft von Geistlichen, die an der Bischofskirche wirkt
und den Bischof berät. Das Salzburger Domkapitel erhielt im Jahr 987
eigenen Grund und Boden mit den darauf arbeitenden Grunduntertanen,
den Bauern. Die Verwaltung der Güter erfolgte anfangs durch die
Meierhöfe, die sowohl den Grundherrn mit Lebensmitteln versorgen als
auch die umliegenden Höfe beaufsichtigen mussten. Mit der
Umgestaltung der Meierhöfe zu gewöhnlichen Höfen im 12. Jahrhundert
wurde das Grundvermögen des Domkapitels neu organisiert und in
Verwaltungseinheiten, in so genannte Ämter eingeteilt. Eine solche
Einheit was auch das Amt Thundorf
(siehe Abbildung). Zu ihm gehörten nicht nur die Thundorfer
Bauerngüter, sondern auch noch eine ganze Reihe von Höfen in der
weiteren Umgebung.
Die
Bauern hatten das Nutzungsrecht an den vom Grundherrn überlassenen Höfen.
Sie mussten als Gegenleistung Anteile am Ernteertrag abführen und
auch Bargeldzahlungen leisten. Die Einzelheiten waren in einem Vertrag
niedergeschrieben. Es gab verschiedene Formen der Leihe, hauptsächlich
drei Arten: Die Freistift, bei der der Grundherr seinem Grundholden jährlich
kündigen konnte, das Leibrecht, bei dem der Vertrag auf die
Lebensdauer des Bauern galt, sozusagen auf die Lebensdauer seines
Leibes, und schließlich noch das Erbrecht, bei dem der Bauer sogar
den Hof an die nächste Generation innerhalb seiner Familie
weitergeben konnte.
Die
Grundherren haben laufend Güter verkauft oder vertauscht, sodass ihr
Bestand an Bauernhöfen nicht immer gleich geblieben ist. Die wenigen
Höfe in Thundorf – Kirche, Schule und Privathäuser kamen erst in jüngster
Zeit dazu - blieben aber gemeinsam bis zum Schluss der
grundherrschaftlichen Epoche beim Domkapitel. Das Ende dieses
Zeitraumes wurde durch die Französische Revolution eingeleitet.
Damals wurden die feudalen Strukturen aufgebrochen und mit der Zeit in
ganz Europa beseitigt.
Mit
der Säkularisation fand das geistliche Fürstentum Salzburg sein Ende
und damit auch das Salzburger Domkapitel. Nach der Teilung des früheren
Erzstifts zwischen dem jungen Königreich Bayern und Österreich 1816
gingen die grundherrschaftlichen Rechte im Rupertiwinkel an den
bayerischen Staat über. Der bot schon frühzeitig den Bauern die Ablösung
des so genannten Grundobereigentums an. Allerdings war der Preis dafür
viel zu hoch, sodass die meisten Bauern die Ablösung nicht durchführten
und lieber weiterhin die alten Grundabgaben zahlten. Auch ein später
verbessertes Angebot konnte nur angenommen werden, wenn zur
Finanzierung der Kosten in größerem Umfang Ackerland oder Wald
verkauft wurde. Das wollten natürlich nur wenig Bauern. Eine endgültige
Lösung brachte das königlich bayerische Ablösungs-Gesetz vom 4.
Juni 1848. Dabei ging es um die Aufhebung der standes- und
gutsherrlichen Gerichtsbarkeit und die Aufhebung, Fixierung und Ablösung
der Grundlasten. Anlass für dieses Gesetz war, dass in anderen Ländern
schon wieder blutige Auseinandersetzungen stattfanden und der
bayerische König verhindern wollte, dass es auch in Bayern so weit
kam. Die Übertragung des Eigentums an die Bauern geschah auch in
diesem Fall nicht umsonst. Die Grundlasten, die zum Großteil in
Naturalien zu leisten waren, wurden fixiert, das heißt in
Geldforderungen umgewandelt. Sie konnten dann entweder sofort oder in
jährlichen Raten abgelöst werden. Viele Bauern zahlten zunächst die
kleinen Jahresraten und später den jeweiligen Rest auf einmal. Und
somit sind auch die Thundorfer Bauern erst seit rund 150 Jahren Eigentümer
ihrer Höfe.
Verfasser:
Kurt Enzinger
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